Was hat die Biologie mit dem Thema Wohnen zu tun?! – Teil 1

8. Februar 2023

Dieses Thema beschäftigt mich in letzter Zeit besonders, denn die Faszination besteht für mich darin, dass sich viele Themen der Wohn- und Architekturpsychologie mit biologischen Vorgängen in unserem Körper verknüpfen bzw. erklären lassen!

So kann die NEUROBIOLOGIE unser Leben in Innenräumen positiv beeinflussen. Im Durchschnitt verbringen wir fast 90 % unserer Zeit in Innenräumen wie Wohnungen, Büros und öffentlichen Gebäuden. Die physiologischen Aspekte dieser Räume können sich auch auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden auswirken. Was ist damit gemeint: Unsere Sinnesorgane nehmen – bewusst und unbewusst – Umweltreize auf, die im Gehirn verarbeitet werden. Diese beeinflussen unser gesamtes Denken, Fühlen und Handeln. Räume beeinflussen unsere Denk- und Handlungsprozesse

Dabei stellen sich folgende Fragen:

Gibt es Kriterien, die für fast alle Menschen geeignet sind? Und was sind wichtige Faktoren bei der Gestaltung von Räumen, wenn das Gehirn auf äußere Reize oder Einflüsse unterschiedlich reagiert?

Die architektonische Atmosphäre wirkt sich auf unser Verhalten aus. Zum Beispiel rufen Naturbilder – besser noch: Ausblicke in die Natur – positive Emotionen hervor und stellen unsere Konzentrationsfähigkeit wieder her. Gleichzeitig tragen „Naturerfahrungen“ zur Entspannung und Erholung bei.

Aus der EVOLUTIONSBIOLOGIE wissen wir, dass die Ansprüche, die an Behausungen gestellt werden, in vielen Bereichen übereinstimmen. Schon zu Urzeiten haben Menschen Schutz vor Witterung und Raubtieren gesucht. Das Bedürfnis nach einer Behausung steckt in unseren Genen. So wie sich bei den Ur- und Frühmenschen in den afrikanischen Savannen geistige Kapazitäten entwickelten, die die Herstellung von Werkzeugen ermöglichten, entstanden auch das Bedürfnis, Schutzräume zu finden. Ebenso die Fähigkeit, Unterstände selbst herzustellen. Dafür spricht auch, dass Menschen überall auf der Erde, unabhängig von der Lebensweise und Kultur, künstliche schützende Strukturen errichten. Sie bauen „Behausungen“, ähnlich wie Vögel sich Nester bauen. 

Mit der Entwicklung der Landwirtschaft und der Sesshaftigkeit gingen gravierende Veränderungen im Wohnen einher. Während Jäger und Sammler ihre Aufenthaltsorte immer wieder wechselten, wurden nun langfristig genutzte Holz-, Lehm- und Steinhäuser errichtet. Das eröffnete über die Jahrtausende eine Vielzahl neuer Möglichkeiten der Gestaltung – vom Holzhaus bis zum modernen Wohnblock aus Stahl und Beton.

Vielfältiges Wohnen, vom tropischen Regenwald bis ins ewige Eis, überall leben Menschen. Und zwar in großen oder kleinen Behausungen für wenige Personen oder ganze Familien, in Wohnungen für ganze Gruppen mit und ohne Zwischenwände, in Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern, in Dörfern, Städten und Megacitys. Und die Menschen gestalten ihre Wohnungen in Abhängigkeit der jeweiligen Kulturen.

Aber welche Ansprüche stellt die menschliche Natur ans Wohnen?
  • Privatheit bzw. Privatsphäre
    Wie wichtig es den Menschen in unserer Gesellschaft ist, die Kontrolle über den Zugang zur eigenen Wohnung zu haben, zeigt der Artikel 13, Absatz 1 des Grundgesetzes: „Die Wohnung ist unverletzlich“ …  Deshalb sollten Wohnungen und Häuser Rückzugsmöglichkeiten und vor allem Privatsphäre bieten.  Man muss eine Tür hinter sich zu machen können! Das scheint so ziemlich in allen Kulturen eine Rolle zu spielen – auch Jäger und Sammler bauen heute ihre Hütten so, dass die Eingänge nicht aufeinander zeigen. Dies gilt auch für Einsehbarkeit von privaten Freibereichen wie Gärten, Terrassen und Balkone. Und wer einmal erlebt hat, dass in die eigene Wohnung eingebrochen wurde, weiß, wie unsicher man sich danach fühlt. 
  • Wasser und Grün
    Verhaltensbiologische Studien zeigen, dass sich Menschen in Stadtvierteln mit öffentlichen Brunnen und Bäumen wohler als in Stein- und Asphaltwüsten fühlen. Auch das Bedürfnis nach Grünpflanzen in der Wohnung oder Ausblicke in die Natur bzw. ins Grüne lassen sich vermutlich so erklären. 

    Bei Pflanzen und Wasser handelt es sich um Überlebensressourcen, die schon für das Überleben unserer Vorfahren existenziell waren. Wenn die Menschen keine Präferenz für Wasser und Grün hätten, hätten sie in der Vergangenheit wohl nicht überlebt.
  • Eine Umgebung, in der man sich zurechtfindet
    Was ebenfalls wichtig zu sein scheint und möglicherweise ein evolutionäres Erbe der Jäger und Sammler ist, ist die „Lesbarkeit“ der unmittelbaren Umwelt. Wer sich verläuft und nicht mehr heimfindet, ist in Gefahr. Es gibt also vermutlich Präferenzen dafür, sich in eher übersichtlichen Landschaften niederzulassen. Deshalb schätzen viele Menschen an Wohnungen einen guten Ausblick. Dazu gehören auch humane Gebäudegrößen, die soziale Kontrolle bieten. Zu wissen, wer im Haus ein- und ausgeht, vermittelt ein Gefühl von Sicherheit; ebenso eine funktionierende Hausgemeinschaft bzw. Nachbarschaft.

  • Soziale Kontakte
    Menschen sind soziale Wesen … sie organisieren sich in Gruppen, es gibt ein starkes Bedürfnis nach sozialen Kontakten, Anteilnahme, Zuwendung, Anerkennung und letztlich nach gesellschaftlicher Zugehörigkeit und Teilhabe. Gerade in den Industriestaaten stellt die soziale Isolierung vieler Menschen vor große Herausforderungen mit direkten Auswirkungen auf die Gesundheit … dies führt zu Depressionen, Burn-Out und eine ständige Ausschüttung von Stresshormonen lässt den Blutdruck steigen und damit auch das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall.

    Dort, wo Menschen auf engem Raum leben, wie in großen Wohnanlagen, finden kaum Begegnungen statt, oder sie bleiben sich fremd. Viele Menschen leben für sich und sind geradezu anonym in der Masse. Dabei gilt: je mehr Menschen sich sehen können, umso höher ist die Wohnzufriedenheit! 

    Die Zufriedenheit der Bewohnenden steigt mit der Anzahl der Begegnungsräumen oder Begegnungsflächen… selbst in Wohnblöcken mit mehr als 3000 Wohneinheiten.

    Informelle Begegnungszonen in Eingangsbereichen oder großzügige Flure mit Sitzgelegenheiten, gemeinsam nutzbare Innenhöfe, Dachterrassen erhöhen die Sozialkontakte deutlich.
  • Ruhe und Erholung
    Eine wichtige und wenig überraschende Funktion von Wohnungen ist, dass die Menschen ungestörten und geschützten Schlaf brauchen, damit sie sich erholen oder entspannen können. Wie wichtig ein ungestörter Schlaf ist, zeigen die gesundheitsschädlichen Folgen von Verkehrslärm und der Stress, den selbst Kirchenglocken auslösen können.

  • Gestaltungsmöglichkeiten – Aneignung und Personalisierung
    Bei Menschen erkennt man eine stark territorial ausgeprägte Wahrnehmung. Damit ist das Bedürfnis nach individuellen Gestaltungsmöglichkeiten gemeint. Eine Personalisierung vollzieht sich über Gestaltungsprozesse wie Dekorieren und Einrichten. Ohne eine emotionale Bindung zur jeweiligen Wohnung und zum Wohnort, kann sich kein „Heimatgefühl“ entwickeln.

    Dieses Bedürfnis wirkt sich allerdings nicht nur auf die Einrichtung von Behausungen aus, sondern auch bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes, bei der Wahl der Kleidung oder welches Auto man fahren möchte. Auch ästhetische Aspekte spielen eine große Rolle, und dabei der Einfluss der Kultur. Deshalb halten sich Verhaltensbiologen bei der Beurteilung zurück, welche Rolle die Evolution des Menschen in diesem Zusammenhang gespielt haben könnte.
  • Die Größe des Wohnraums
    Wie groß eine Wohnung sein muss, oder wie klein sie sein darf, damit Menschen sich wohlfühlen, lässt sich mit der Evolution nicht erklären. 120 Quadratmeter Wohnfläche – das ist in den USA ein kleines Haus, in Deutschland ein mittelgroßes, und in China ist es riesig.

FAZIT:

Die Erkenntnisse der Verhaltensbiologie deuten darauf hin, dass Menschen zwar ein natürliches Bedürfnis haben, sich in schützende Räume zurückzuziehen und von Natur aus mit der Fähigkeit ausgestattet sind, solche selbst zu errichten. Wie Wohnraum aber konkret gestaltet werden sollte, lässt sich nicht unmittelbar als evolutionäre Anpassung erklären.

Trotzdem bleiben diese Bedürfnisse essenzielle Teile der Natur des Menschen, die der Wohnungsbau angemessen berücksichtigen sollte – was leider allzu häufig nicht der Fall ist! 

Viele Städte weltweit stehen vor der Herausforderung, Wohnraum für eine schnell wachsende Zahl von Einwohnern zu schaffen: Werden die natürlichen Bedürfnisse der Menschen nicht ausreichend berücksichtigt, müssen die Städte mit mehr unzufriedenen BürgerInnen rechnen – und somit mit zunehmenden sozialen Spannungen!!!

Zum Beispiel wurde die Forschung von Verhaltensbiologen in Wien aufgrund mangelnden Interesses an ihren Ergebnissen eingestellt und ihre Empfehlungen wurden kaum berücksichtigt. Erst in jüngster Zeit hat Wien – auf die Empfehlung der Biologen hin – begonnen, die Stadt zu begrünen. „Bäume sind eben teuer“ … und leider legen viele Architekten heute immer noch Wert darauf, abstrakte Plätze zu gestalten und mit Kunst zu bepflastern als für Wasser und Grün zu sorgen! Doch in Zeiten des Klimawandels erfolgt auch hier ein Umdenken!

Auch die Wohn- und Architekturpsychologie hat viel mehr Aufmerksamkeit verdient!

Sie interessieren sich zwar weniger für die Natur des Menschen … sie untersuchen jedoch die Auswirkungen der gebauten Umwelt auf die Psyche, identifizieren Probleme und erforschen, wie sich die Wohnzufriedenheit verbessern lässt. Damit beleuchten sie Faktoren, die auch mit unserem evolutionären Erbe zusammenhängen, nur von einer anderen Seite her!

So schließt sich für mich als Biologin und Expertin für Wohn- und Architekturpsychologie der Kreis!

In einem 2. Teil möchte ich gerne die neurophysiologischen Aspekte aufgreifen: „Wie verarbeitet unser Gehirn Farben, Formen, Muster …?“

Biophilic Design … mit der Natur leben

7. Oktober 2022

Immer mehr Menschen ziehen in Metropolen wie Berlin oder München. Dort wird der Platz zunehmend knapp, gleichzeitig wächst die Sehnsucht nach der Natur … sie verspricht Ruhe, Ausgleich und frische Luft. Beim Biophilic Design ziehen Naturelemente in die Stadtwohnung oder das Büro ein.

Doch was bedeutet Biophilie eigentlich?

Übersetzt heißt Biophilie so viel wie „Liebe zum Leben”. Biophilie versteht man als tiefe, angeborene Zuneigung des Menschen zu allen Lebewesen – ganz gleich, ob Mensch, Tier oder Pflanze. Durch den industriellen und technologischen Fortschritt hat sich der Mensch im 20. Jahrhundert immer mehr von der Natur entfernt. In den letzten Jahren scheinen wir uns jedoch wieder auf unsere Wurzeln zurückzubesinnen: Stichwort Nachhaltigkeit. So gewinnt auch die Idee der Biophilie immer mehr Bedeutung. Die Natur wird zum Sehnsuchtsort, der Wohlbefinden und Entschleunigung verspricht. In der Architektur- und Einrichtungswelt zeigt sich diese neu entdeckte Verbindung im sogenannten Biophilic Design.

Zum Biophilic Design gehören auch Sinneswahrnehmungen wie das Fühlen, Sehen, Riechen und Hören, aber auch biomorphe, also an die Natur angelehnte Formen sowie natürliche Materialien. So schaffen zum Beispiel große, bodentiefe Fenster eine Verbindung zur Außenwelt … neben der Aussicht nach draußen dringen Tageslicht, Schattenspiele und Vogelgezwitscher ins Innere. Die Grenzen zwischen drinnen und draußen verwischen. 

Materielle Verbindungspunkte werden durch naturbelassene Baustoffe und Textilien geschaffen, zum Beispiel Massivholz, Bambus, Naturstein, Ton, Leinen, Wolle oder Kork. Dazu kommen aus der Natur bekannte Formen und Muster: Tapeten mit Pflanzenblättern oder floralen Designs, organisch geformte Möbel oder Hausfassaden, die mit ihrer unregelmäßigen, offenen Porenstruktur an Korallenriffe erinnern.

Wählen Sie Möbel und Accessoires mit natürlichen Formen und Mustern. Während die geraden Linien und Winkel, die in den meisten modernen Wohnhäusern zu finden sind, den vorhandenen Platz optimieren sollen, setzt biophiles Design auf natürliche Formen, etwa einen ovalen Couchtisch, geschwungene Sessel oder eine ovale Badewanne.

Organische Fassaden wie die poröse Hauswand, fotografiert von Meriç Dağlı, erinnern an Muster und Strukturen aus der Natur. (Foto: Meriç Dağlı auf Unsplash)
Grüne Architektur und naturnahe Einrichtung

Unter den Bau- und Dekorationsmaterialien, die meistens verwendet werden, ist sicherlich Holz vorherrschend. Es führt die biophile Revolution an und wird zu einem zentralen Element der architektonischen Installationen. Zu den bevorzugten Holzarten gehören Buche, Kiefer, Ahorn, Eiche oder Esche, aber auch Bambus. Im Idealfall kommt solches Holz aus dem Recycling oder wird es zumindest nachhaltig gewonnen. Rohe, hölzerne, organische Dekorationen sind authentisch, verführen mit ihrem natürlichen Duft und vermitteln ein Gefühl der Geborgenheit, das in der Biophilie-Bewegung so wichtig ist. Darüber hinaus wärmt Holz den Innenraum, ganz im Einklang mit der trendigen dänischen Hygge-Philosophie.

Aber wie genau kann ein gut geplanter Raum, der uns die Natur nahebringt, unser Wohlbefinden verbessern?

Unsere Stimmung und unsere Kommunikationsfähigkeit werden von physischen, psychischen und sensorischen Faktoren beeinflusst. Ein Umfeld, das all unsere Sinne anspricht, macht uns glücklicher und erhöht unsere Aufnahmefähigkeit.

Wie können wir unser Zuhause nach biophilen Designprinzipien gestalten?

Greifen Sie auf natürliche und lokal produzierte Materialien zurück, die typisch für Ihre Region sind, wie etwa Holz, Wolle, Leder oder Naturstein, um sich der Natur näher und mit ihr im Einklang zu fühlen.

Welchen Nutzen hat man durch die Verwendung von nachhaltigen Materialien?

Das zeigt sich insbesondere in Coworking-Spaces und Bürogebäuden. Der Mensch verbringt viele Stunden auf der Arbeit. Spaziergänge in der Natur fördern laut verschiedener Studien die Konzentrationsfähigkeit, heben die Laune und beugen sogar Krankheiten vor. Da Büro und Wald in der Regel nicht nah beieinander liegen, muss die Natur eben ins Büro. Dachterrassen, Balkone und durchgehende Fenster, aber auch Pflanzensysteme, Green Walls als Raumtrenner finden immer mehr Anwendung.

So entstehen heilende Gebäude und Räume, die die Work-Life-Balance fördern. Das Vorhandensein von lebendigem Grün inspiriert die Kreativität, baut Stress ab, verbessert das Wohlbefinden und beeinflusst Produktivität und die Raumakustik.

Echte Zimmerpflanzen gehören selbstverständlich auch zur Einrichtung dazu und sorgen für ein angenehmes Raumklima, während vertikale Indoor-Beete frischen Salat und Kräuter liefern. Wasser und Steine finden ebenfalls Einzug, beispielsweise in Form von beruhigenden Steinbrunnen für den Innenbereich. So entsteht eine Wohlfühloase, die der Natur förmlich entsprungen ist. 

Der moderne Lebensstil hat viele Menschen von ihren Wurzeln entfernt. Doch wir alle sind Teil der Natur und besinnen uns allmählich darauf zurück. Ob nachhaltiges Bauen oder Biophilic Design: Naturelemente kommen aus Gründen der Nachhaltigkeit und dank ihrer wohltuenden Kraft in der Architektur- und Designwelt verstärkt zum Einsatz. In Zukunft werden die Übergänge womöglich immer fließender: Ob moderne Baumhäuser, Waldhütten mit spiegelnden Außenwänden oder grüne Stadtwohnungen aus nachwachsenden Rohstoffen – hier wird das Beste aus technologischem Fortschritt und der Natur verbunden.

Warum ich nicht in einem Einfamilienhaus leben möchte

3. August 2022

Dieser – etwas provokante Titel – erschien als Essay von Stefan Sommer am 7.7.2022 in der Süddeutschen Zeitung. Der Autor führt mehrere Gründe an, weshalb er dem Wunsch nach dem eigenen Haus abschwört. Dazu gehört auch, dass man sich in vielen Regionen des Landes als Durchschnittsverdiener überhaupt kein Haus mehr leisten kann.

Außerdem verfestigt das Einfamilienhaus konservative Vorstellungen von Familie und Geschlechterrollen aus früheren Zeiten. Es weist eine desaströse Klimabilanz auf und verschärft die Wohnungskrise in deutschen Städten.

In deutschen Ballungszentren fehlen etwa zwei Millionen bezahlbare Wohnungen. Dieser Mangel an Wohnraum hat auch damit zu tun, dass in der Vergangenheit zu oft Einfamilienhäuser statt Mehrfamilienhäuser gebaut wurden. Mittlerweile stehen sechzehn Millionen Einfamilienhäuser auf deutschem Boden. 100.000 kommen jährlich dazu.

31 Prozent aller deutschen Haushalte wohnen laut Statistischem Bundesamt in einem Einfamilienhaus – die Häuser nehmen aber 41 Prozent der bebauten Fläche in Deutschland ein. Umgekehrt verhält es sich bei Mehrfamilienhäusern: sie nehmen 33 Prozent der bebaubaren Fläche ein, bieten aber Platz für 42 Prozent der deutschen Haushalte.

Wer also im Einfamilienhaus lebt, verbraucht überproportional mehr Fläche als jemand, der in einem Mehrfamilienhaus lebt. Fair ist das nicht. Die Wohnungsnot ist allerdings nicht das einzige Problem. „Die Entscheidung für das eigene Haus im Speckgürtel führt dazu, dass Frauen wieder die ganze „Care-Arbeit“ leisten, während ihre Männer sich im Beruf verausgaben, um durch Überstunden und Boni das nötige Geld für Überwachungskameras und Whirlpool aufzutreiben“. Die Rahmenbedingungen, die wir in unserer Umgebung vorfinden, beeinflussen massiv unser Handeln.

„Gegen das Einfamilienhaus sei der CO2-Fußabdruck von Inlandsflügen ein Witz“, sagt der Klimaforscher Gernot Wagner. Denn das Einfamilienhaus ist die klimafeindlichste, weil ineffizienteste Wohnform. In einem Einfamilienhaus im Umland produziere man zwei bis drei Mal so viele CO2-Emissionen wie in einem Mehrfamilienhaus in der Stadt. Der Klimawandel ist unser größtes Problem und Einfamilienhäuser sind Teil des Problems. Weil sie Wagner zufolge zu viel Platz und zu viel Energie verbrauchten, aber weil durch große Häuser Flächen versiegelt und Landstriche zersiedelt würden. Versiegeln heißt: Einfamilienhäuser im Grünen werden auch auf Flächen gebaut, die im Fall von starkem Niederschlag nötig wären, um das Regenwasser im Boden aufzunehmen. Zersiedeln heißt auch: Neubaugebiete müssen mit Straßen an das Verkehrsnetz angebunden werden. Autoabgase und Bebauung setzen ökologisch wertvollen Flächen zu. Und das beschleunigt wiederum das Artensterben. Auch deshalb fordert Wagner eine radikale Maßnahme: „Ein Verbot von neuen Einfamilienhäusern wäre für ihn an der Zeit … diese Art zu wohnen ist für den Planeten nicht verträglich!“

Also ein Baustopp? Auf kommunaler Ebene deutet sich ein Wandel längst an: in Berlin ist in manchen Innenstadtgebieten nur noch Geschosswohnbau erlaubt. In ganz Deutschland ist ein deutlicher Rückgang von Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser zu verzeichnen. Die Zahl der Zusagen sank 2021 um 26,2 Prozent. Bei Mehrfamilienhäusern stieg sie dagegen um 12,5 Prozent.

Wer heute den Bau eines Einfamilienhauses beschließt, überlässt die Lösung drängender gesellschaftlicher Probleme anderen. Dieser Wandel sollte durch neue Wohnmodelle unterstützt werden:

Durch Mehrgenerationenhäuser, in denen junge Familien mit Rentner zusammenleben, oder Cohousing-Projekte, die Gemeinschaftsräume und Gärten teilen.

Es braucht lebenswerte Entwürfe dafür, wie sich der Platz in Städten besser nutzen lässt und sich die Bewohner trotzdem wohlfühlen.

Seit den Zeiten des Wirtschaftswunders sollte das EFH auch ein Investment für die Kinder sein, eine finanzielle Absicherung, die ihnen später ein gutes Leben ermöglicht. Heute scheint es umgekehrt zu sein: „Wer möchte, dass seine Kinder und Enkelkinder später in einer gerechten und klimafreundlichen Welt leben können, sollte auf sein neues Traumhaus im Grünen verzichten“.

Für mich als Expertin für Wohn- und Architekturpsychologie sprechen außerdem noch folgende Gründe gegen ein Einfamilienhaus:

  • Ein selbstbestimmtes und aktives Leben bis ins hohe Alter ist meistens in einem „Einfamilienhaus im Grünen“ nicht möglich. Es fehlen die entsprechenden Verkehrsanbindungen und Infrastruktur („ohne Auto geht nix“). Dies sind wichtige Aspekte, für eine Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben. Als älterer Mensch verbringt man bis zu 90 % seiner Zeit in seinem häuslichen Umfeld. Die Teilnahme am sozialen Leben ist unerlässlich für geistige Anregungen, Freude, Anerkennung und Selbstwirksamkeit. Ein generationen- und sozial durchmischtes Wohnumfeld mit guter Infrastruktur bietet da viel bessere Voraussetzungen.
  • Außerdem steigen die Belastungen für Renovierungen und Energiekosten bei älteren Häusern überproportional. Dazu kommen noch die laufenden „Pflege- und Unterhaltsaufwendungen“ wie Gartenarbeit, Reinigungsarbeiten, Schneeräumen uvm. Der „Erholungsfaktor“ in einem Einfamilienhaus nimmt mit steigendem Lebensalter stetig ab, denn eigentlich wächst da der Wunsch nach einem sorgenfreien Leben mit „wenig Kümmern“!
  • Gemeinsam statt Einsam … Da der Mensch ein soziales Wesen ist, suchen wir die Gemeinschaft. Dies gilt nicht nur für ältere Menschen, bei denen die Einsamkeit und soziale Isolierung besonders stark zunimmt, sondern auch für junge Menschen (Kinder, Jugendliche und junge Familien). Ein gut funktionierendes Nachbarschaftsgefüge bietet Unterstützungsmöglichkeiten für Jung und Alt … ebenso in allen Lebensphasen.
  • Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Für eine gesunde psychische Entwicklung reicht das „Kleinfamiliensystem“ nicht aus. Besser als der eigene Garten sind vor allem für ältere Kinder Spielstraßen, Innenhöfe und Aktionsräume in allen Zonen der Wohnumgebung.

Mein Fazit:

Ein Einfamilienhaus kann für manche Lebensphasen ein „Wohntraum“ sein. Besser wäre es, so zu bauen, dass einerseits „nutzungsneutrale“ Grundrisse für verschiedene Lebensphasen entstehen. Und die Grundrisse so angepasst werden können, dass vor allem die „Wohnbedürfnisse“ auch in allen Lebenslagen erfüllt werden können.

Das Motto sollte dabei immer sein:

Es sind nicht die Häuser, die ich liebe …
sondern das Leben, das ich in ihnen lebe!  
Coco Chanel

Lust aufs Wohnen 55plus = mehr als nur barrierefrei!

22. April 2022

LL-Monatszeitung – III: April 2022

„Der Grundsatz der Menschenwürde enthält den Anspruch, Lebensverhältnisse herzustellen, in denen ein Mensch auch im Alter Mensch bleiben kann.“ (Simone de Beauvoir)

Wir bleiben alle fitter und aktiver, und das wichtigste Bedürfnis ist der Wunsch nach Selbstbestimmtheit.  Viele möchten nicht „alleine alt werden“ oder aufgrund einer Krankheit „umquartiert werden“ in ein Pflegeheim. Man soll sich dessen bewusst werden. Wendepunkte sind zum einen, wenn die Kinder aus dem Haus sind (brauche ich das große Haus mit dem großen Garten?!), und ein zweiter Wendepunkt erfolgt mit Eintritt des Rentenalters. Zwischen 55 und 60 Jahren hat man noch die Kraft einen Neuanfang zu wagen. Besonders wichtig sind soziale Kontakte … in einem Mehrfamilienhaus, wo es Begegnungsflächen gibt, z.B. ein gemeinsam genutzter Garten. Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, dass soziale Isolation/Einsamkeit weitreichende gesundheitliche Schäden in Form von Stressreaktionen im Körper auslöst. Evolutionsbiologisch sind Menschen gesellige Wesen und Einsamkeit ist genauso schädlich für den Körper wie Übergewicht, Rauchen oder Bewegungsmangel!

Ältere Menschen haben grundsätzlich keine anderen Wohnbedürfnisse als Jüngere, aber alte Menschen sind aufgrund ihrer häufig eingeschränkten Mobilität und ihres Handlungsradius stärker auf die eigene Wohnung und das unmittelbare Wohnumfeld angewiesen: Nicht nur die eigene Wohnung, sondern auch das unmittelbare Wohnumfeld inklusive der Nachbarschaft werden im Alter wichtiger. Dazu gehören wohnungsnahe Dienstleistungen, barrierefreie Zugangsmöglichkeiten zu öffentlichen Einrichtungen und Verkehrsmitteln, quartiersbezogene Versorgungs-, Freizeit- und Kulturangebote. Die Begegnung mit anderen Menschen, die Möglichkeit, ab und zu etwas Neues zu sehen, körperliche Bewegung im Freien, selbst über den eigenen Aufenthaltsort bestimmen zu können und nicht abhängig von fremder Hilfe zu sein, sind entscheidende Punkte. Gerade für Ältere beschränkt sich Wohnen nicht nur auf den abgeschlossenen familiären Bereich oder auf die individuelle Wohnung. Mit abnehmender Haushaltsgröße werden soziale Kontakte mit der Hausgemeinschaft oder Nachbarschaft wichtiger, ebenso das Wohnumfeld.

In der Wohnung selbst gibt es verschiedene Möglichkeiten, die das Wohnen im Alter erleichtern. Dazu gehören Regulationsmöglichkeiten (z.B. Smarthome-Systeme oder altersgerechte Assistenzsysteme), die „barrierefrei“ Beleuchtung, Heizung oder Verdunklung regeln. Da Hörgeräte selektiv fokussiertes Hören erschweren, sollte eine klare Raumakustik angestrebt werden. Verschiedene Oberflächen bzw. Materialien regen die Sinne an und fördern die Orientierung. Weiche matte Oberflächen vermitteln Geborgenheit. Als Sturzprophylaxe sollte die Wohnung möglichst „Schwellenarm“ sein. Dazu gehört ein Barrierefreies Bad mit schwellenloser Dusche mit entsprechenden Haltegriffen. Zur Erholung trägt ein Ausblick in die Natur bei, ebenso private Freiflächen wie Balkone und Terrassen.

Die Individualisierung der Lebensstile ist auch bei den Älteren angekommen.

Unsere Wohnungen werden vielfach den Bedürfnissen der Menschen, die darin leben, nicht gerecht. Älteren Bewohnern ist ihr Haus oft viel zu groß geworden: „Ich würde in eine kleinere Wohnung ziehen, aber ich möchte in meiner vertrauten Umgebung bleiben, in räumlicher Nähe zum jetzt bestehenden Wohnumfeld, doch da gibt es kein passendes Angebot für mich.“

Da könnten die Kommunen und die Wohnungsbauwirtschaft als Vermittler und Entwickler alternativer Wohnformen eine ganz entscheidende Rolle spielen. Wohnbaugenossenschaften haben das Ziel, ihre Mitglieder mit preisgünstigem, gutem Wohnraum auf Lebenszeit zu versorgen. Wenn allein der Markt reagiert, versuchen Bauträger aus den Grundstücken rauszuholen, was geht. Diese massive Bebauung, die soziale Isolation fördert, ist nicht akzeptabel. Aber genau das passiert, wenn die Kommunen nicht eingreifen – strategisch, planerisch und auch baurechtlich. Bei der Planung zukünftiger Lebensräume sollte berücksichtigt werden, dass die Wohnungen in allen Lebensphasen genutzt werden können. Voraussetzung ist die Schaffung von unterschiedlichen Wohnungsgrößen mit nutzungsneutralen Grundrissen (z.B. gleich große Räume), die sich den wechselnden Bedürfnissen der einzelnen Lebensphasen anpassen. Dazu gehören auch attraktive Gemeinschafts- bzw. Begegnungsflächen im unmittelbaren Wohnumfeld. Barrierefreies Wohnen ist nicht nur für ältere Menschen wichtig, auch jüngere Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen und Kinder können davon profitieren.

Am 27. April 2022, um 15 Uhr, halte ich in Landsberg zu diesem Thema „Wohnen im besten Alter – mehr als nur barrierefrei“ einen Vortrag.

Ort: AWO-Mehrgenerationentreff (im Kratzertreff) – Landsberg am Lech

Wohnsinn & Raumglück

8. April 2022

Der 1. Podcast über Wohn- und Architekturpsychologie

Wohnen für Ältere –
Gemeinschaftliches Wohnen

Anstelle des bisherigen Blog-Artikelformats steht in diesem Monat das gesprochene Wort: Ich wurde von Erika Mierow und Martina Püringer zum lebendigen Austausch in ihrem Podcast „Wohnsinn & Raumglück“ als Gast eingeladen, um über Wohnbedingungen für Ältere und insbesondere den Fokus gemeinschaftlichen Wohnens zu sprechen. Die gesamte Folge gib es unter folgendem Link zu hören:

https://xn--wohnsinnundraumglck-mbc.com/episode/wohnen-fuer-aeltere-gemeinschaftliches-wohnen

Buchtipps:

„Grau ist bunt: was im Alter möglich ist“ – Dr. jur. Henning Scherf, ehemaligen Bürgermeister der Stadt Bremen

„Das Zeitalter der Einsamkeit“ – Noreena Hertz 
https://www.harpercollins.de/products/das-zeitalter-der-einsamkeit-9783749901159

Filmtipps:

„Die Spätzünder“ mit Jan Josef Liefers 
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Sp%C3%A4tz%C3%BCnder

„Wohnprojekt oder Pflegeheim“ – Film auf 3sat über Wohnmöglichkeiten 60+
https://www.3sat.de/gesellschaft/37-grad/37-seniorenheim-oder-wohnprojekt-100.html

Gemeinsam statt Einsam… was kann die Wohn- und Architekturpsychologie zum Gelingen von gemeinschaftlichen Wohnformen Beitragen? (Teil 2)

10. März 2022

Als Expertin für Wohn- und Architekturpsychologie kenne ich die Zusammenhänge von Wohnbedürfnissen und baulicher Gestaltung:

Von den vielen Co-Living-Möglichkeiten, die es gibt, möchte ich mich in diesem Blog auf „Cohousing-Projekte“ konzentrieren. Warum, weil es eine geplante Gemeinschaft ist, die aus privaten (möglichst barrierefreien) Wohnungen oder Häusern besteht, die durch umfangreiche Gemeinschaftseinrichtungen ergänzt werden. Dadurch entstehen Unterstützungsmöglichkeiten, die in anderen Wohnformen kaum denkbar sind. Cohousing-Projekte sind gelebte Nachbarschaftsbeziehungen. Ziel dieser Form des Zusammenlebens ist ein besseres Miteinander, eine Gemeinschaft, bei der jeder sich einbringen kann – aber nicht muss! Die Lebensumstände und das Alter sind dabei nicht relevant. Welche Gründe gibt es, in ein Cohousing zu ziehen:

  • Kinder haben mehr Möglichkeiten mit anderen Kindern zusammen zu sein.
  • Gemeinsames Kochen und Essen erleichtert nicht nur die Haushaltsführung, sondern stärkt die Gemeinschaft.
  • Eine Wertegemeinschaft als Basis für Freundschaften.
  • Durch die soziale Interaktion ist ein aktiveres Leben zu erwarten und damit verbunden eine bessere Gesundheit; dies gilt besonders für Ältere.
  • Sicherheit und Geborgenheit entsteht durch Gemeinschaft und durch die Bauweise.
  • Selbstbestimmung beim Bauen und im Zusammenleben.
  • Gemeinsame Anschaffungen sparen Geld.

Durch die soziale Nähe und emotionale Bindungen kann Cohousing eine Hilfestellung auch in Lebenskrisen sein, wie etwa bei Krankheit oder andere Schicksalsschläge. Die drohende Einsamkeit ist gerade für viele ältere Menschen eine große Herausforderung. Je älter eine Person wird, desto mehr Zeit verbringt sie zuhause. Vor allem, wenn Menschen über 80 Jahre alt sind, schrumpfen die sozialen Kontakte automatisch. So erkennen auch Kommunen zunehmend, dass eine soziale Vernetzung im Stadtteil, im Dorf und vor allem in der Nachbarschaft gerade älteren Menschen helfen kann, trotz gesundheitlicher Einschränkungen ihren Alltag zu meistern.

Viele Häuser bzw. die ganze Bauindustrie sind für antiquierte Lebensentwürfe gedacht, die aber heute viel seltener gelebt werden. Mehr als die Hälfte der Berliner ist heute nicht mehr in Familienstrukturen organisiert. Aber wo finden sie in dieser Stadt ein Haus, in das sieben Freundinnen einziehen können oder acht Achtzigjährige, die nicht ins Altenheim wollen? Wo findet man eine Struktur, in dem zwei alleinerziehende Frauen und ein alleinerziehender Mann gemeinsam mit ihren Kindern wohnen können?

Welche Wohnbedürfnisse stehen bei Cohousing-Projekten im Vordergrund:

Soziale Interaktion … was wirkt interaktionsfördernd?

Attraktive Gemeinschaftsflächen und -räume mit unterschiedlichen Angeboten, Aneignungs- und Regulationsmöglichkeiten. D.h. die Gemeinschaftsflächen sollten einen gewissen „Aufforderungscharakter“ besitzen und so die kommunikative Mitte einer Gemeinschaft sein; so dass auch zufällige Begegnungen möglich sind. Die Ausstattung und „Möblierung“ sollte attraktiv gestaltet werden, mit unterschiedlichen Treff- und Sitzmöglichkeiten. Idealerweise mit großen Glasflächen ausgestattet, die einen Ausblick in die Natur bieten. Wichtig für die Erweiterung der privaten (begrenzten) Wohnflächen sind ebenfalls Gemeinschaftsterrassen bzw. -Gärten, die sowohl Gemeinschaft ermöglichen als auch Rückzugsmöglichkeiten in Form von „Nischen“. Für die Ausgestaltung gilt dabei: „Sehen, ohne gesehen zu werden“. Die Schwierigkeit bei Gemeinschaftsräumen ist das Verhältnis von Funktionalität und ansprechender Einrichtung: Multifunktionale Gemeinschaftsräume wirken oft nicht sehr einladend, dagegen sind gemütlich eingerichtete Räume mit Sofas nicht mehr multifunktional.

Verschiedene Angebote für unterschiedliche Interessen: Hobbyräume, Werkstätten, Nutzungsmischung (Wohnen & Gewerbe, Shared Offices), Carsharing uvm. Durch die Mitbestimmung der Bewohnenden entsteht ein hoher Identifikationsgrad, und das wirkt sich wiederum positiv auf die soziale Interaktion aus. Durch entsprechende Zonierung und Übergänge erhält man eine Trennung von halbprivaten und halböffentlichen Bereichen. Wichtig dabei: Gemeinschaftsbereiche grenzen nicht direkt an private Wohnbereiche.

Welche räumlichen Faktoren bieten Erholung und schützen vor Stressbelastung?

Allen voran (und dies gilt für sämtliche „Wohnformen“) sind dies Ausblicke in die Natur und private Freiflächen wie Balkone und Terrassen. Der Blick auf Pflanzen am Balkon bzw. entsprechend naturnah gestaltete Freiflächen wirkt sich positiv auf die Erholung aus und reduziert die Stressbelastung. Dabei gilt Exponiertheit auf Balkone oder Terrassen zu vermeiden … wenn die Privatheit beeinträchtigt ist, reduziert sich der Erholungsfaktor. Dazu kommt die Vermeidung von Lärmbelastung: Nicht nur beim gemeinschaftlichen Wohnen sollte auf ausreichend Schallschutz geachtet werden, denn dies erhöht auch den Erholungsfaktor.

Zusammenfassend gilt …

Gemeinschaftliches funktioniert dann, wenn Privatheit funktioniert!!!

Ein sehr passender Film zum Thema:

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Gemeinsam statt Einsam… Plädoyer für mehr gemeinschaftliches Wohnen (Teil 1)

21. Februar 2022

Wir befinden uns mitten in einer globalen Einsamkeitskrise, vor der keiner von uns gefeit ist, egal wo auf der Welt. Studien zeigen, dass Einsamkeit schlechter für unsere Gesundheit ist als zu wenig Sport, genauso schädlich wie Alkoholabhängigkeit und doppelt so schädlich wie Übergewicht.

Dabei wird der Begriff Einsamkeit viel weiter gefasst … es geht nicht nur um die Beziehungen zu Freunden, Familie, Arbeitskollegen und Nachbarn, sondern auch um die Beziehungen zum Arbeitgeber, Mitbürgern, Politiker und dem Staat, also auch um das Gefühl, in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht ausgeschlossen zu sein. Einsamkeit ist ein innerer wie auch existenzieller Zustand … persönlich, gesellschaftlich, wirtschaftlich und politisch!

Einsamkeit in seiner gegenwärtigen Form ist beeinflusst durch Globalisierung, Verstädterung, Ungleichheit und Machtungleichheit, größere Mobilität, bahnbrechende Technologien (Stichwort: KI), und zuletzt das Coronavirus.

Es ist eine Einsamkeit, die hinausgeht über das menschliche Bedürfnis, gehört und gesehen zu werden, umsorgt zu werden, frei agieren zu können, freundlich, fair und respektvoll behandelt zu werden.

Wie ist es so weit gekommen? Dazu möchte ich als Biologin das Ganze evolutionsbiologisch betrachten … der Mensch ist, wie auch alle anderen Primaten, ein geselliges Wesen. Um zu funktionieren, sind wir angewiesen auf komplexe Gruppengefüge, von der chemischen Urverbindung zwischen Mutter und Kind über größere Familieneinheiten bis hin zu den gewaltigen Nationalstaaten der Gegenwart. Tatsächlich lässt sich der Aufstieg des Menschen an die Spitze der Nahrungskette unseres Planeten in vielerlei Hinsicht auf unser engagiertes Miteinander zurückführen. Aus diesem Grund wirkt es sich deutlich negativ auf unsere Gesundheit aus, wenn wir nicht miteinander verbunden sind.  

Denn damit wir nicht in einem Zustand verweilen, der unserem Überleben abträglich ist, hat die Evolution unseren Körper mit einer biologischen Reaktion auf das Alleinsein ausgestattet, die uns in einen Alarmzustand versetzt und physiologisch wie auch psychologisch so unangenehm ist, dass wir ihn so schnell wie möglich beenden wollen.

Zum einen ist der einsame Körper tatsächlich ein gestresster Körper: ein Körper, der schnell erschöpft und übermäßig entzündet ist. Insbesondere bei chronischer Einsamkeit, gibt es kaum einen Ausschalter, damit sich der Körper beruhigen und z.B. wieder Viren bekämpfen kann. Das Fatale daran … chronische Entzündungen stehen mit einer ganzen Reihe von Erkrankungen im Zusammenhang, darunter verstopfte Arterien, Herzerkrankungen, Schlaganfall, Depressionen, Arthritis, Alzheimer und Krebs. Ein gesunder Körper sorgt durch verschiedene Mechanismen dafür, dass schädliche Einflüsse bekämpft werden, ob Krankheitserreger oder Krebszellen. D.h. Einsamkeit schädigt unser Immunsystem nicht nur durch einen anhaltenden „Alarmzustand“, sie wirkt auch auf zellulärer und hormoneller Ebene auf uns ein. Studien zeigen, dass Einsamkeit die Funktionsfähigkeit mehrerer endokriner Drüsen beeinträchtigt, die Hormone an den Körper absondern und mit unserer Immunantwort zusammenhängen. …das Blut einsamer Menschen weist einen deutlich erhöhten Noradrenalinspiegel auf. Noradrenalin ist ein Hormon, das in lebensbedrohlichen Situationen die Virenabwehr hemmt. Einsamkeit behindert darüber hinaus die Genesung.

Isolierte ältere Menschen haben eine niedrigere durchschnittliche Lebenserwartung als regelmäßig sozial aktive.

Außerdem zeigte eine Studie, dass Teilnehmer, die an Depressionen litten, mit zehnmal höherer Wahrscheinlichkeit einsam waren als nicht depressive. Selbst kurze Phasen der Isolation, wie wir sie während der Coronaviruspandemie erlebt haben, können sich spürbar auf unsere geistige Gesundheit auswirken … der Effekt kann sich noch Jahre später zeigen. Wir als Einzelpersonen wie auch die Regierungen müssen die möglichen psychischen Langzeitfolgen unserer Zwangsisolierung im Blick behalten. Im Extremfall kann Einsamkeit sogar zum Suizid führen.

Einsamkeit beeinflusst nicht nur unsere Sicht auf die Welt, sondern auch, wie wir sie einordnen. Ärger, Feindseligkeit, eine Tendenz, seine Umwelt als bedrohlich und gleichgültig wahrzunehmen, verminderte Empathie – Einsamkeit erzeugt eine gefährliche Kombination aus Emotionen, die für uns Alle schwerwiegende Konsequenzen haben.

Denn die Einsamkeitskrise spielt sich nicht nur in der Arztpraxis ab, sondern auch an der Wahlurne, und ihre Folgen für die Demokratie sind für jeden, der an eine auf Einheit, Inklusivität und Toleranz basierende Gesellschaft glaubt, zutiefst beunruhigend. Dafür braucht es zwei starke Verbindungen: die Verbindung zwischen Staat und Bürgern und die Verbindung der Bürger untereinander.

Warum werden die Menschen immer einsamer und was kann man dagegen tun … den wenigsten von uns ist es bewusst, dass dieses Thema schon lange vor der Pandemie Einzug in unseren Alltag hielt: Große Wohnkomplexe, in denen sich die Nachbarn nicht mehr kennen und vor allem elementare (Wohn)Bedürfnisse missachtet werden, schwindende Vereinsaktivitäten bis hin zum Leben online. Deshalb beschäftige ich mich im März, im zweiten Teil, welchen Beitrag kann die Wohn- und Architekturpsychologie leisten, um die soziale Interaktion zwischen den Menschen zu fördern.

Buchtipp: Das Zeitalter der Einsamkeit von Noreena Hertz

Teil 2 beschäftigt sich im März zum Thema „Gemeinsam statt Einsam … was kann die Wohn- und Architekturpsychologie zum Gelingen von gemeinschaftlichen Wohnformen beitragen!“

Warum ist die Privatsphäre (auch) auf dem Balkon so wichtig?

19. Januar 2022

Räume prägen unser Befinden und unser Verhalten, ebenso unsere Gesundheit und unser Wohlergehen.

Ein Recht auf Privatsphäre oder auch Privatheit ist ein Grundbedürfnis des modernen Menschen.

Auf die Wohnung bezogen meint das einerseits die Kontrolle darüber, wer überhaupt die Wohnung betreten darf und zum anderen, ob man sich innerhalb der Wohnung zurückziehen kann. Von der eigenen Wohnung erwartet man ein hohes Ausmaß an Privatsphäre – einerseits gegenüber der Außenwelt, andererseits gegenüber den Mitbewohnern. Dabei kann man noch zwischen der visuellen und der akustischen Privatheit unterscheiden, d.h. man möchte von anderen nicht nur nicht gesehen, sondern auch nicht gehört werden.

Privatsphäre zu haben, bedeutet eine „emotionale Entlastung“

Man ist unbeobachtet, kann frei handeln, kann seine Gefühle ausleben, die man vielleicht vor anderen Menschen so nicht zeigen kann. Privatheit bedeutet, Kontrolle zu haben – über die Situation, über die Umgebung, über sich selbst. Fehlt diese Privatheit längere Zeit, löst dies Stressreaktionen aus. Zu viel Enge, zu viel Lärm, zu wenig Rückzugsmöglichkeiten belasten uns körperlich und psychisch. Dies führt zu erhöhter Gereiztheit bis hin zu Aggression, ebenso zur Vermeidung von Sozialkontakten einhergehend mit verminderter Kontaktbereitschaft. Exponierte (gut einsehbare) Freiflächen wie Balkone oder Terrassen werden vermehrt gemieden oder entsprechend mit Sichtschutz versehen.

Ist ein physischer Rückzug nicht möglich, folgt ein psychischer Rückzug!

Das Schutzbedürfnis ist ebenfalls ein grundlegendes (Wohn)Bedürfnis: deshalb ist vor allem langfristig kein Gewöhnungseffekt zu erwarten!! Je länger ich mich an einem Ort aufhalte, desto stärker wird das Bedürfnis nach Schutz der Privatsphäre samt entsprechenden Reaktionen bzw. Schutzmaßnahmen.

Die meisten Mieter oder Immobilienbesitzer wünschen sich ein „Freiluftzimmer“. Denn nach Feierabend draußen zu sitzen, mit Freunden oder Familie einen lauen Sommerabend zu genießen oder Sonnenbäder auf dem Balkon zu nehmen, erhöht die Lebens- und Wohnqualität. Private Freiflächen wie Balkone und Terrassen dienen nicht nur der „Wohnraumerweiterung“, sondern sie tragen entscheidend zur Erholungsqualität einer Wohnung bei. Um eine entsprechende Erholungs- und damit Aufenthaltsqualität zu gewährleisten, sollten sie so angeordnet sein, dass man eine „öffentliche Wahrnehmung“ vermeidet oder sogar zur Schau gestellt wird. Außerdem schaffen Balkone oder Terrassen einen Übergang vom Menschen zur Natur; dazu kommt, dass freie Ausblicke in die Natur die größten Erholungseffekte bieten.

Hygge-Saison das ganze Jahr!

8. Dezember 2021

Hygge ist ein Kernbestandteil der dänischen Tradition und Lebensweise. Im Wesentlichen bedeutet es eine gemütliche und herzliche Atmosphäre, in der man das Gute des Lebens zusammen mit lieben Leuten genießt. Das warme Licht der Kerzen ist Hygge. Freunde und Familie gehören auch zu Hygge. Und nicht zu vergessen, Essen und Trinken … das heißt am liebsten mehrere Stunden am Tisch zu sitzen und sich gemeinsam mit den größeren und kleineren Dingen des Lebens auseinanderzusetzen.

Wie kann man Hygge mit ein paar einfachen Tipps nach Hause holen?

5 Tipps für mehr Hygge in Ihrem Leben

1. Kerzen, Kerzen, Kerzen

Egal wann und wo: Kerzenschein bildet oftmals die Grundlage für das besonders hyggelige Gefühl. Haben Sie immer Kerzen zuhause – egal zu welcher Jahreszeit. Im Winter schaffen Kerzen die typisch gemütliche Atmosphäre und im Sommer erhellen sie die lauen Nächte. Ohne Kerzen – kein Hygge!
Vielleicht verbrauchen die Dänen deswegen im Schnitt 6-8 Kilogramm Kerzen pro Jahr … und die Deutschen lediglich 2-3 Kilo.

2. Gemeinsam essen

Es geht einfach nichts über eine tolle Zeit mit Familie oder Freunden und eine gemeinsame Mahlzeit. Egal, ob Abendessen, Mittagessen oder Frühstück – solange es Essen, Getränke und gute Laune gibt, ist eigentlich alles gut.
Tipp für maximale Hygge: Lassen Sie die Handys in einem anderen Raum, damit alle wirklich anwesend sind und die Zeit gemeinsam genießen können.

3. Spaziergänge, egal bei welchem Wetter

Dabei spielt es keine Rolle, wo wir hingehen – in einen Park, zum nächsten Café, einfach um den Block oder durch den Wald … schnappen Sie sich einen Begleiter und genießen Sie die frische Luft.
Niemand will mit? Kein Problem! Auch allein kann man wunderbar seine Gedanken schweifen lassen.

4. Sich Zeit nehmen

Hygge-Zeit bedeutet, sich Zeit zu nehmen: Ein tolles Buch lesen, einen spannenden Film ansehen, Rätsel lösen, einen Schal stricken oder ein Bild malen. Machen Sie es sich bequem! Zünden Sie ein oder zwei Kerzen an (ja, schon wieder…), finden Sie ein warme und kuschelige Decke und machen Sie es sich auf dem Sofa gemütlich.
Wenn Sie was „Süßes“ zur Hand haben, umso besser!

5. Das Zuhause hyggelig gestalten

Das bezieht sich auf meinen Blog-Artikel im November: „Das Geheimnis der Gemütlichkeit“! Nach dem Motto: Weniger ist mehr! Also misten Sie beherzt aus, ordnen Sie Ihre Unterlagen und schaffen Sie sich Ihre persönliche „Hygge-Oase“ … gemütlich, wohnlich, einfach rundum geborgen sein!

Wenn Sie sich auch ein hyggeliges Heim wünschen, sollten Sie ihre Wände in warmen Farben streichen, auf kuschelige Stoffe setzen und vor allem viele Kerzen aufstellen! Für mehr Hygge im Wohnzimmer sind viele Fenster, viele Leuchten (und Kerzen!!) wichtig. Am Abend oder an besonders finsteren Wintertagen spielen harmonische Lichtquellen eine wichtige Rolle.

Warme Naturtöne

Helle Töne, die das Licht in alle Ecken reflektieren. Helle Wände und Möbel hellen auch den Raum auf, wenn er nicht ganz so viele Fenster hat. Steril wirkt das Ganze dennoch nicht, da mit weichen Textilien und warmen Materialien gespielt wird.

Naturmaterialien erden

Hygge beinhaltet auch einen engen Bezug zur Natur, deshalb ist Holz ein fester Bestandteil eines gemütlichen Wohnambientes. Am Boden findet man in skandinavischen Wohnzimmern selten kalte Fliesen. Dielen oder Parkett halten nicht nur die Füße warm, sie spenden dem Raum gleich ein wohnliches Ambiente.

Platz für Geselligkeit

Die Form folgt der Funktion … es gibt liebevolle Details, aber ein hyggeliges Wohnzimmer wird nicht mit Möbeln und Deko vollgestopft, stattdessen bietet es Platz für gesellige Stunden mit Freunden und Familie. Deshalb sollten vor allem ausreichend und bequeme Sitzgelegenheiten vorhanden sein.

Glücklich mit fröhlichen Pastellakzenten

Die Form folgt der Funktion … es gibt liebevolle Details, aber ein hyggeliges Wohnzimmer wird nicht mit Möbeln und Deko vollgestopft, stattdessen bietet es Platz für gesellige Stunden mit Freunden und Familie. Deshalb sollten vor allem ausreichend und bequeme Sitzgelegenheiten vorhanden sein.

Muster: Alles andere als eintönig

Beliebt sind Kissen, Decken oder Teppiche mit grafischen Aufdrucken. Der Effekt ist ähnlich den dezenten Farbakzenten: die Muster bringen Bewegung in Ihr Wohnzimmer. Wie immer gilt … mit Accessoires lässt sich am schnellsten eine neue Wirkung erzielen, ohne dass Sie gleich das ganze Wohnzimmer umgestalten müssen.

Mehr Gemütlichkeit mit Fellen und Decken

Gemütliche Wolldecken oder weiche Schaffelle sind der Inbegriff von Hygge, denn sie stehen für Gemütlichkeit, Natürlichkeit und Wärme wie kaum etwas Anderes. Wenn Sie kein echtes Fell in Ihr Wohnzimmer bringen wollen, halten Sie nach schicken Kunstfellen und dicken Strick- oder Wolldecken Ausschau. Hauptsache es wird kuschelig!

Als Einrichtungsstil ist „Hygge“ im Grunde eine Hommage an das nordische Lebensgefühl.


Das Geheimnis der „Gemütlichkeit“

26. November 2021

Weshalb sollte das Bedürfnis nach Geborgenheit und Behaglichkeit beachtet werden?

Personalisierung“ heißt hier das Zauberwort: Über diese beginnt man sich nach und nach mit seiner Wohnumwelt zu identifizieren. „Gestaltung“ bereitet den Boden für die stärkste Form der emotionalen Bindung zur jeweiligen Wohnung, und dies wirkt sich unglaublich positiv auf das emotionale Empfinden bzw. die mentale Gesundheit aus.

Wie müssen räumliche Strukturen konzipiert sein, damit diese auch angenommen werden?

Ein „Heimatgefühl“, ein Gefühl des „Zuhause-Seins“ entsteht erst über eine Abfolge von verschiedenen Aneignungsprozessen.

Bei der Planung und Gestaltung sollte darauf geachtet werden, Wahrnehmungsstress zu vermeiden und behaglichkeitsförderliche Faktoren einzubauen. Deshalb sollten wir in der Wohnung positive „Symbole“ integrieren und negative „Eindrücke“ (Wahrnehmungsstress) vermeiden. In einer Zeit der Reizüberflutung ist es wichtig, eine behagliche Wohnung zu haben.

Das Motto sollte lauten: „sich wohlzufühlen ist generell der wichtigste Faktor in einem Zuhause.“ Jetzt, wo der zweite Corona-Winter anbricht, ist es noch wichtiger, unser Heim so zu gestalten, dass wir gerne Zeit darin verbringen!

Wie sollte denn eine „ideale“ Raumgestaltung aussehen?

Ein „Wohlfühlrefugium“ zu kreieren ist eine sehr individuelle Entscheidung, aber es gibt sehr wohl allgemeingültige Kriterien der Raumgestaltung:

Umschließung …. Räume, die durch zu große Glasflächen sehr offen wirken, vermitteln keine Behaglichkeit und Geborgenheit, weil die notwendige „Umschließung“ fehlt. In Räumen, wo Behaglichkeit wichtig ist, sollte also auf eine ausgewogene Anordnung der Fenster geachtet werden.

Harmonische Proportionen … Proportionen werden als angenehm erlebt, wenn sie menschengerecht, also an die Bedürfnisse der Menschen angelehnt sind. Bauwerke, die zu hoch oder zu lang sind, wirken bedrohlich und erzeugen ebenso Stress wie zu große oder zu kleine Räume.

Wand im Rücken … Der Sitzplatz mit einer Wand im Rücken bei gleichzeitigem Blick nach außen bietet mehr Schutz als ein Sitzplatz frei im Raum stehend. (In Möbelhaus-Prospekten dominieren Sitzplätze frei im Raum stehend, weil sie fotogener sind).

Umgebung überblicken können … neben dem Bedürfnis eines Schutzes im Rücken gibt es auch das Bedürfnis, die Umgebung überblicken zu können. Dann entsteht der Zustand des „Sehens, ohne gesehen zu werden“. Dies sollte vor allem bei der Anordnung und Gestaltung von privaten Freiflächen wie Balkone oder Terrassen berücksichtigt werden.

Wie kann man mit Farben, Materialien und angenehmer Beleuchtung behagliche Ruhezonen gestalten?

Dies lässt sich schon mit kleinen Kniffen erreichen.

Allen, die weiterhin oder wieder im Homeoffice arbeiten müssen, rate ich: sorgen Sie für Abgrenzung! Der Arbeitsplatz sollte sich vom Rest des Raumes abheben, so trennt man Privates vom Geschäftlichem zumindest in der Raumgestaltung. Wandfarbe oder eine Tapete bringen die gewünschte Zonierung. Bei Wandfarbe sollten es Naturtöne sein, die eine beruhigende Wirkung besitzen.

Außerdem ist Licht wichtig, auch hier kann man mit Veränderungen eine Abgrenzung zwischen Arbeit und Privatleben schaffen. Während der Arbeit lassen Sie gerne die helle Deckenleuchte an, so kann man sich besser konzentrieren. Zum Feierabend und zur Entspannung sollten verschiedene „Lichtinseln“ (Tisch- und Stehlampen, indirektes Licht oder Lichterketten) installiert werden. Auch so verändert sich ein Raumgefühl.

Entscheidend sind auch die Materialien. Holz oder Stoffe (Schal-Vorhänge, Sofa oder Sessel aus Samt) sind gemütlicher als Glas, Leder oder Metall. Wer zu Hause kalte Füße hat, hat auch schlechte Laune. Teppiche können nicht nur im Winter eine schöne Atmosphäre schaffen. Kerzenlicht, auch Duftkerzen, sorgen für eine besondere „Wohlfühlatmosphäre“.

Allerdings, „Mehr ist nicht gleich besser“ … wer zu viele Farben, Formen und Materialien in einen Raum stopft, der überreizt die Sinne und das verursacht inneren Stress.

Muss ich mir unbedingt neue Sachen kaufen?

Wem die eigenen vier Wände auf die Nerven gehen, der braucht nicht unbedingt neue Sachen zu kaufen … umstellen und ausmisten tun es auch!

Hier sind Kreativität und Mut gefragt: Wenn Platz da ist, kann man den Kleiderschrank von der Wand ziehen und ihn umdrehen, so entsteht ein begehbarer Kleiderschrank zwischen Korpus und Wand. Regale umstellen, Bilder abhängen und in einem anderen Zimmer aufhängen, um so einen neuen Ausblick vom Sofa zu gewinnen, tun es auch. Pflanzen, Kissen oder jahreszeitliche Dekoration verändern ebenfalls Räume und das Gefühl, das wir in Ihnen haben.

Nicht nur dem neuesten Trend nachjagen, sondern sich mit Sachen umgeben, die einem am Herzen liegen…